

Weiter Proteste gegen Festnahme von Erdogan-Rivalen Imamoglu in der Türkei
In der Türkei dauern die massiven Proteste gegen die Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters und Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu den dritten Tag in Folge an. Für Freitag riefen die Unterstützer in mehreren Städten erneut zu Demonstrationen auf. Am Vorabend hatten sich insbesondere in Istanbul und der Hauptstadt Ankara Tausende Menschen versammelt. Nach Angaben des Innenministeriums wurden bei den Protesten bislang 53 Menschen festgenommen. 16 Polizisten wurden demnach bei Zwischenfällen verletzt.
In Istanbul setzte die Polizei Tränengas und Gummigeschosse ein, um Demonstranten daran zu hindern, auf den zentralen Taksim-Platz zu gelangen. Dieser hatte bei den massiven Protesten gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan im Jahr 2013 eine zentrale Rolle gespielt und war am Mittwoch abgeriegelt worden.
Der Vorsitzende von Imamoglus linksnationalistischer Partei CHP, Özgür Özel, sagte am Donnerstag vor Tausenden Menschen, die sich erneut vor dem Istanbuler Rathaus versammelt hatten: "Von nun an sollte niemand mehr erwarten, dass die CHP in Sälen oder Gebäuden Politik macht. Von nun an sind wir auf der Straße und auf den Plätzen."
Am Donnerstagabend äußerte sich Erdogan erstmals seit Beginn der Proteste. "Die Probleme der CHP sind nicht die Probleme des Landes und des Volkes, sondern die Probleme einer Handvoll ehrgeiziger Menschen", sagte er. "Wir haben keine Zeit zu vergeuden mit den Auftritten der Opposition", betonte er. Justizminister Yilmaz Tunc nannte im Onlinedienst X die Aufrufe zu den Demonstrationen auf der Grundlage von laufenden juristischen Ermittlungen "rechtswidrig und inakzeptabel".
Zuvor gesperrte Internetdienste wie X und Whatsapp waren am Freitag wieder frei zugänglich, wie eine örtliche Aufsichtsbehörde und AFP-Journalisten mitteilten.
Imamoglu, der als einer der aussichtsreichen Rivalen des Langzeitpräsidenten Erdogan gilt, war am Mittwochmorgen nach einer Razzia in seinem Haus festgenommen worden. Außer ihm wurden mehr als hundert weitere Menschen festgenommen, darunter Mitarbeiter, Abgeordnete und CHP-Mitglieder. Am Sonntag sollte Imamoglu offiziell zum Kandidaten seiner Partei für die kommende Präsidentschaftswahl nominiert werden.
Der 53-jährige Bürgermeister von Istanbul wird laut Staatsanwaltschaft unter anderem der Korruption und Erpressung beschuldigt. Ihm wird vorgeworfen, Anführer einer "kriminellen Organisation" zu sein. Nach Angaben des Justizministeriums lautet ein weiterer Vorwurf "Unterstützung von Terrorismus". Dabei gehe es um mutmaßliche Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).
Am Dienstag hatte die Universität Istanbul Imamoglu seinen dort erworbenen Abschluss wegen angeblich "offensichtlicher Fehler" aberkannt. Der Politiker könnte damit von einer Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl ausgeschlossen werden, für die ein Hochschuldiplom eine Voraussetzung ist.
Nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP sind seit der Festnahme Imamoglus in mindestens 29 der 81 türkischen Provinzen die Menschen auf die Straße gegangen.
M.Carter--MC-UK