US-Regierung will wegen Abtreibungspille vor Obersten Gerichtshof ziehen
Die US-Regierung will für die uneingeschränkte Nutzung der Abtreibungspille Mifepriston vor den Obersten Gerichtshof in Washington ziehen. Die Regierung werde das Oberste Gericht "um Soforthilfe" ersuchen, um den Zugang der Bürger zu einer "sicheren und wirksamen reproduktiven Versorgung" zu schützen, sagte Justizminister Merrick Garland am Donnerstag. "Wir glauben, das Recht ist auf unserer Seite, und wir werden uns durchsetzen", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre.
Am Mittwochabend (Ortszeit) hatte ein Gericht in den USA entschieden, dass Mifepriston vorläufig weiter auf dem Markt bleiben darf. Allerdings verschärfte das Bundesberufungsgericht in New Orleans im Bundesstaat Louisiana die Auflagen, unter denen das Mittel verschrieben werden darf.
Die Pille darf demnach nur noch in den ersten sieben Wochen einer Schwangerschaft in Arztpraxen verschrieben werden. Zuvor war der Zeitraum auf die ersten zehn Schwangerschaftswochen festgelegt. Patientinnen müssen nach den neuen Regeln außerdem im Verschreibungszeitraum dreimal persönlich in der Praxis erscheinen.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts erging mit der Stimmenmehrheit von zwei gegen einen Richter. Das Richtergremium kippte damit die vorherige Entscheidung eines Bundesrichters in Texas, der Mifepriston vollständig die Zulassung entziehen wollte. Die Entscheidung der Berufungsrichter hat allerdings nur vorläufigen Charakter, der Rechtsstreit dürfte sich noch lange hinziehen.
Abtreibungsgegner bezeichneten das jüngste Gerichtsurteil als "Sieg". Das Gericht habe die "Gefährlichkeit" der Abtreibungspille anerkannt, sagte die Direktorin der Susan B. Anthony-Gruppe, Katie Daniel. "Wir freuen uns darauf, dass der Oberste Gerichtshof diesen Fall anhört."
Abtreibungsbefürworter hingegen zeigten sich nach dem Urteil des Berufungsgerichts empört. Ein weiteres Gericht gefährde nun "die Gesundheit und die Zukunft von Millionen Menschen", die auf Mifepriston angewiesen seien, sagte die Präsidentin der Beratungsorganisation Planned Parenthood, Alexis McGill Johnson.
Die Direktorin des Projekts für reproduktive Freiheit der Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU), Jennifer Dalven, befürwortete ein Eingreifen des Obersten Gerichtshofes. Ansonsten werde das jüngste Gerichtsurteil "viele Menschen daran hindern, eine Abtreibungsbehandlung zu erhalten und sie zwingen, gegen ihren Willen schwanger zu bleiben".
Der konservative Bundesrichter Matthew Kacsmaryk hatte am Freitag vergangener Woche die vor mehr als 20 Jahren erteilte Zulassung von Mifepriston aufgehoben. Er gab damit einer Klage von Abtreibungsgegnern gegen die Arzneimittelbehörde FDA statt. Gegen das Inkrafttreten dieser Entscheidung wehrte sich dann die US-Regierung.
Am Obersten Gerichtshof der USA hat das konservative Lager nach mehreren Neubesetzungen während der Amtszeit von Ex-US-Präsident Donald Trump eine klare Mehrheit von sechs der neun Richter. Das Abtreibungsrecht ist eines der umstrittensten gesellschaftspolitischen Themen in den USA. Der Supreme Court hatte im vergangenen Juni das landesweite Grundrecht auf Schwangerschaftsabbrüche abgeschafft - ein Urteil, das ein politisches Erdbeben auslöste.
Mifepriston, in Deutschland unter dem Handelsnamen Mifegyne bekannt, wird in den USA bei mehr als jedem zweiten Schwangerschaftsabbruch eingesetzt. Nach Angaben der FDA wurde die Pille seit ihrer Zulassung im Jahr 2000 von mehr als 5,6 Millionen Frauen genutzt. In weniger als 1500 Fällen habe es Komplikationen gegeben, ohne dass ein Zusammenhang zu Mifepriston habe hergestellt werden können.
Q.Young--MC-UK